Wenn du ein neues Projekt startest, kann dein Gehirn seine ganze Kreativität spielen lassen. Du planst, bringst Vorschläge und Ideen ein und gehst voller Motivation an die neue Sache. Von Prokrastination ist weit und breit nichts zu spüren.
Ähnlich verhält es sich am Ende. Dein Ziel ist greifbar nah und wir mobilisieren nochmals alle Ressourcen, Zeit und Energie, damit wir unser Vorhaben in guter Qualität und termingerecht abschliessen können.
Und dennoch – erfolgreiche Projekte entschieden in der Phase dazwischen.
Im Abschnitt zwischen Projektstart und Projektende bist du auf Routinen und Gewohnheiten angewiesen, die dir helfen, dein Projekt jeden Tag ein bisschen näher zum Ziel zu bringen.
Konsistenz und Ausdauer ist entscheidend für dein Vorhaben.
Ein Liefertermin, der zu Beginn noch unendlich weit entfernt ist, verlockt dazu, andere Sachen, die noch so unwichtig sind, vorzuziehen.
Personen aller Schichten, Berufe und jeden Alters kennen das – wir schieben etwas auf. Schüler, die ein Referat vorbereiten müssen, Projektleiter, die mit Kunden IT-Projekte durchführen, oder ein Rentner, die sich etwas vorgenommen haben.
“Aufschieberitis” kennen und hatten wir alle schon einmal.
Warum aber können einige von uns Projekte stressfrei und termingerecht umsetzen, während andere das Gefühl haben, dem Ziel ständig hinterher zu hinken?
Mit ein paar kleinen Tipps, kannst du die “Aufschieberitis” in deiner täglichen Arbeit vermindern.
Was ist Prokrastination?
Als Prokrastination, oder “Aufschieberitis”, bezeichnen Experten und Psychologen eine Störung der Selbstregulation.
Der Aufschieber, Prokrastinator, kann kurzfristig nichts Unangenehmes aushalten, um auf langfristige Sicht etwas Positives zu erreichen.
Was genau heisst das nun? Es ist kein grosses Geheimnis, das man mit ein paar Stunden täglicher Arbeit im Projekt, dem Stress vorbeugen könnte und man die Deadlines einhalten könnte, ohne dafür Nachtschichten einzulegen.
Prokrastination entsteht unter anderem dann, wenn man sich vor einer Aufgabe fürchtet, Angst hat zu versagen oder kritisiert zu werden.
Kommt eine falsche Prioritätensetzung, nicht klar definierte Aufgaben und schlechtes Zeitmanagement hinzu, verlierst du schnell den Überblick über das, was abgeliefert werden muss.
Der Aufschieber lenkt sich daher mit belanglosen Aktivitäten ab, um sich von den negativen Gefühlen zu befreien.
Eine, nicht minder verhängnisvolle Alternative besteht darin, einfache und schnell lösbare Aufgaben zu erledigen.
Durch das Abhaken von Aufgaben werden Nervenbotenstoffe (Neurotransmitter) freigesetzt. Das sind vor allem Dopamin und Serotonin.
Diese Neurotransmitter vermitteln dabei positive Gefühlserlebnisse und führen zu einem „Belohnungseffekt“.
Der Aufschieber wird im Gefühl bestätigt, etwas geschafft zu haben.
Das grosse Ziel oder Projekt liegt zusätzlich in so grosser Ferne, dass der Aufschieber keine Notwendigkeit sieht, kurzfristig Zeit und Energie dafür aufzuwenden.
Was geschieht bei der Prokrastination?
Tim Urban, der sich selbst als Meister-Prokrastinator bezeichnet, bringt es auf eine tragisch-komische Art in einem TED-Beitrag auf den Punkt (externer Link).
Während ein Nicht-Aufschieber ausschliesslich Dinge erledigt, die Sinn ergeben und die richtigen Entscheidungen trifft, geht ein Aufschieber anders vor.
In dessen Kopf sitzt zusätzlich, als Copilot, der “zufriedene Affe”. Und seine Absicht ist es, zufrieden zu sein.
Der zufriedene Affe hat auf Arbeit im Generellen und das Treffen von richtigen Entscheidungen überhaupt keine Lust. Und so versucht er den Aufschieber mit irrelevanten Sachen abzulenken.
Wenn dann alles unnötige getan ist, besteht auch keine Notwendigkeit mehr, mit dem Wichtigen zu starten, denn der Tag ist eh schon recht weit fortgeschritten.
Das passiert an jedem Tag und so nach und nach übernimmt der zufriedene Affe das Steuer über den Aufschieber.
Aber irgendwann gesellt sich allerdings noch ein dritter Akteur hinzu – das Panik-Monster!
Der zufriedene Affe mag das Panik-Monster absolut nicht, verschwindet und der Aufschieber wird genau jetzt dazu gezwungen, das Richtige zu tun.
Da der Abgabetermin allerdings ganz nah ist, muss der Aufschieber nun alle Energie, Zeit und Ressourcen in die Erledigung des Projekts stecken.
Der Stresspegel steigt und der Schlafmangel auch – gesund ist das nicht. Nicht selten kann Prokrastination auch zu Depressionen führen.
Wie man Prokrastination im Alltag vermindern kann
Mit den folgenden Tipps und Ratschlägen kannst du Prokrastination zwar nicht ganz eliminieren, denn das ist eben auch eine Frage des Typs, doch stellt du sicher, dass dein Projekt auf Kurs bleibt.
1. Du musst den Umfang der Arbeit kennen
Eine Arbeit, dessen Umfang nicht klar ist, wird dir während der gesamten Laufzeit Probleme bereiten.
Welche Erwartungen haben die Stakeholder an dich und was umfasst das Lieferobjekt im Detail?
Fehlen diese Informationen, wirst du am Ziel vorbeischiessen und nicht selten auch massiv mehr Zeit investieren.
2. Unterteile komplexe, in kleinere Aufgaben
Ist dir erst einmal klar, was das Lieferobjekt ist, dir also der Umfang der Arbeit klar ist, beginnst du, komplexe Aufgaben in kleine Einzelaufgaben herunter zu brechen.
“Erstelle eine Präsentation” – viel zu ungenau.
Erstelle statt dessen die folgenden Einzelaufgaben:
- Lege das Thema der Präsentation fest
- Notiere die ersten Stichpunkte als Ideensammlung
- Recherchiere im Internet und finde Quellenangaben
- Erstelle für die Präsentation ein ersten Outline
- Schreibe Folie 1, 2 usw.
- Führe die Rechtschreibprüfung durch und mach den Review
- Finalsierung Präsentation und Layout
3. Ermittle den zeitlichen Aufwand
Nachdem nun die Aufgaben überschau- und planbarer geworden sind, kannst du den zeitlichen Aufwand jeder Aufgabe schätzen und legst die ungefähre Gesamtdauer aller Arbeiten fest.
4. Blockiere deine Zeit im Kalender
Im nächsten Schritt hinterlegst du für jede Einzelaufgabe im Kalender einen Termin und blockierst dir deine Zeit für die Umsetzung (Timeboxing Methode).
Damit gibst du dir selbst das Versprechen, die Arbeit zu erledigen, denn was im Kalender steht, wird erledigt. Auch für externe Terminanfragen bist du nun besser vorbereitet und kannst dich besser abgrenzen, da du ein klares “nein – ich habe schon einen Termin” kommunizieren kannst.
5. Priorisiere deine Aufgaben
Plane bereits am Vortag die sechs bis zehn Aufgaben für den nächsten Tag.
Plane deine ein bis zwei Hauptaufgaben, die du unbedingt an diesem Tag erledigt musst – komme, was wolle.
Durch diese Planung und Priorisierung am Vortag stellst du sicher, dass du deine ganze Aufmerksamkeit und Konzentration in deine Arbeit investieren kannst.
Deaktiviere ebenfalls dein Mail-Programm und deine Chat-Tools, so dass dich niemand stören kann.
6. Reduziere die Aufgaben in deinem Aufgabenmanager
Oft ist unser Aufgabenmanager eine infinite Liste von Objekten.
Bleiben diese unstrukturiert und unsortiert, blickst du auf 20, 30 oder noch mehr Aufgaben. Du weisst weder, was wichtig, noch dringend ist.
Ordne die Aufgaben und plane deine sechs bis zehn Aufgaben ein und lass dir diese Aufgaben für den Tag über den Aufgabenmanager anzeigen.
Diese “Tagesansicht” und wesentlich übersichtlichere Darstellung der Aufgaben wird dich weniger unter Druck setzen und den Stress reduzieren.
Zusammenfassung
Ob Meister-Prokrastinator oder nicht – wir alle tendieren dazu, Projekte schneller zu beginnen, als diese abzuschliessen.
Allerdings werden wir am Ende des Projekts an der Qualität und am Liefertermin gemessen.
Ob es Aufgaben gibt, die uns mehr liegen? Sicherlich.
Ob es Aufgaben gibt, die wir nicht machen möchten? Auch das.
Aber manchmal fehlt uns die Option und Dinge müssen erledigt werden, da es Bestandteil des Auftrags ist.
Was du definitiv beeinflussen kannst ist die Entscheidung, wie du mit deiner Zeit umgehen möchtest.
Möchtest du in kleinen Schritten dein Projekt Richtung Ziel bringen, oder auf das Panik-Monster warten?
Das kommt – mit Sicherheit!
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In eigener Sache…
Liebe Leserinnen. Ich setze mich stark für eine Gender neutrale Schreibweise ein. Allerdings ist es mir auch ein Anliegen, den Text so lesbar wie möglich zu machen.
Da ich nur unnötige Komplexität hineingebracht hätte, habe ich mich für die männliche Form entschieden.
Vielleicht auch deshalb, weil mir Aufschieberitis eher bei meinen männlichen Kollegen begegnet.